Dr. Pero Mićić
Die humanoiden Roboter kommen!
Körperlich können humanoide Roboter immer mehr und intelligent werden sie auch noch. Ich übertreibe nicht: Wenn sie sich durchsetzen, wird das die größte technische Revolution und Disruption der Menschheitsgeschichte.
Aber werden sich die Unternehmen und Menschen ihre Arbeit überhaupt leisten können? Wenn sie zu teuer sind, dann wird aus den optimistischen Visionen nichts.
Was wird die Arbeitsstunde eines Humanoiden kosten? In diesem Beitrag bekommst du die Antwort.
Das ist die vierte Folge in meiner Reihe über humanoide Roboter. Wenn ich die ersten drei Folgen zusammenfasse, klingt das so:
- Humanoide Roboter können heute schon sehr viele, bald die meisten und langfristig alle körperlichen Tätigkeiten des Menschen ausführen.
- Humanoide Roboter bekommen ein KI-Gehirn. Damit werden sie auch kognitiv intelligent. Das heißt, sie können beim Arbeiten auch denken und Lösungen finden, die man ihnen nicht direkt beigebracht hat.
- Humanoide Roboter werden in enormer Geschwindigkeit neue Fähigkeiten lernen. Das Lerntempo nimmt sogar ständig zu. Wir Menschen haben keine Chance, so schnell neue Fähigkeiten zu lernen.
Menschen brauchen selbstverständlich ein gutes Einkommen. Das aber werden wir in Zukunft immer weniger durch Arbeit im bisherigen Verständnis erzielen. Mehr dazu in einem kommenden Beitrag.
Welche Jobs werden humanoide Roboter ausführen?
Humanoide Roboter werden also zur universellen Arbeitsmaschine. Über welche Tätigkeiten reden wir eigentlich? Beispielsweise über die Arbeit in der Logistik, also das Handling und den Transport von Waren. Über Arbeiten an Produktionslinien. Über Garten- und Landschaftsbau. Über Baustellenarbeit, Gastronomieservice, Krankenbetreuung, Seniorenservice, Sicherheitspersonal. Ja, später auch im Handwerk als Fliesenleger, Elektroinstallateur oder Klempner.
Wie viel wird ein humanoider Roboter kosten?
Was müssen wir dafür alles wissen oder abschätzen?
Zunächst natürlich die Herstellungskosten.
Im Moment wird nur ein einziger humanoider Roboter zum Verkauf angeboten. Es ist der kleine Alpha 1 Pro von Unitree aus China. Er kostet rund 16.000 EUR. Er kann noch nicht viel. Eher kaum etwas. Der größere H1 soll 90.000 €kosten.
Es ist allerdings nur eine erste Kleinserie. Wichtiger ist ja, wieviel solch ein humanoider Roboter kosten wird, wenn große Stückzahlen hergestellt werden können. Hier hilft uns der Erfahrungskurveneffekt, oder “Wright’s Law”. Mit jeder kumulierten Verdopplung der Stückzahl sinken die Kosten um einen konstanten Faktor.
Bei Lithium-Ionen-Batterien sanken die Kosten seit 2012 im Schnitt um 15-20%. Mit jeder kumulierten Verdopplung der Produktion. Von 100 auf 200 auf 400 auf 800 auf 1600 usw. Bei Elektroautos, auch eine relativ neue Produktkategorie, deren Produktion sich deshalb schnell verdoppelt, sanken die Herstellungskosten mit jeder kumulierten Verdopplung der Produktion um über 25%.
Bleiben wir bei der Analogie zum Auto, vor allem einem Elektroauto. Die Herstellungskosten eines kleinen Elektroautos belaufen sich heute auf rund 30.000 EUR. Humanoide Roboter sind kleiner, brauchen also weniger Material. Die Stellglieder und Stellantriebe sind neben dem Akku und der Elektronik die teuersten Teile. Das sind alles in Massen herstellbare und deshalb billiger werdende Teile mit hochlaufender Produktion.
Nehmen wir trotz dieser erwartbaren Kostensenkungseffekte Herstellungskosten von 30.000 USD pro HR für 2030 an. Gehen wir davon aus, dass die Herstellungskosten bis 2040 auf 10.000 Dollar pro Stück sinken werden. Fügen wir noch 1.500 für die Bereitstellung der Software und den gleichen Betrag für Auslieferung etc. hinzu. Diese Kosten werden ebenfalls pro Stück sinken. Jedenfalls für die Hersteller. Dann kommen wir auf gesamte Herstellungskosten von 33.000 in 2030, später 22.000 und 11.000 Dollar.
Wie viele Stunden kann ein humanoider Roboter pro Jahr arbeiten?
Humanoide Roboter brauchen keinen Urlaub und sie können auch bei Schäden sehr schnell repariert oder ersetzt werden. Streiken werden sie auch nicht. Eine CNC-Maschine kann ca. 90% der maximalen Zeit laufen. Das wären rund 330 Tage pro Jahr. Diesen Wert setzen wir realistischerweise auch für einen humanoiden Roboter an.
An wie vielen Tagen in der Woche kann ein humanoider Roboter arbeiten? Ganz klar, an allen sieben Tagen der Woche.
Wie viele Stunden pro Tag? Theoretisch ja 24 Stunden. Aber gehen wir davon aus, dass auch ein HR täglich gewartet oder neu ausgerichtet werden muss, können wir eine Stunde abziehen. Und gehen wir davon aus, dass nicht jeder HR induktiv über den Boden geladen werden kann, auf dem er steht. Er muss den Akku getauscht bekommen oder für eine Stunden geladen werden. Auch für das Laden ziehen wir eine Stunde ab. Ziehen wir von den übrigen 22 Stunden jetzt nochmal zwei Stunden zur Sicherheit ab, landen wir bei 20 Arbeitsstunden pro Tag. Auch das ist also eine eher pessimistische Annahme.
330 Tage mal 20 Stunden sind 6.600 Arbeitsstunden pro Jahr.
Wie schnell arbeiten humanoide Roboter?
Im Moment bewegen sich humanoide Roboter in jeder Hinsicht langsamer als der Mensch. Aber die Arbeitsgeschwindigkeit wird immer weiter zunehmen. Moderne Industrieroboter erreichen heute die zweieinhalbfache Arbeitsgeschwindigkeit von Menschen.
Es ist also eher vorsichtig und auch hier wieder pessimistisch, wenn wir bei einem humanoiden Roboter im Jahr 2030 von einer Arbeitsgeschwindigkeit ausgehen, die dem Menschen entspricht. Also 100%. Langfristig werden es eher 200% und mehr sein.
Wie lang ist die Betriebszeit in Jahren?
Ein Auto wird ungefähr 20 Jahre lang genutzt. Eine Drehmaschine oder Fräsmaschine und auch ein CNC-Bearbeitungszentrum können rund 10-15 Jahre lang genutzt werden. Mindestens. Bleiben wir mal vorsichtig und nehmen für den humanoiden Roboter, auch aufgrund des am Anfang sehr schnellen technischen Fortschritts einfach nur acht Jahre an. Danach ist er Schrott und wird recycled. Das ist eine eher pessimistische Annahme.
Wie hoch sind die Kapitalkosten?
Die Kapitalkosten pro Jahr betragen 4.124 USD. Das ist Kaufpreis durch Betriebsdauer. Die reinen Kaufpreise für Skills, also für neue Fähigkeiten des HR schätze ich mit 1.500 USD pro Jahr. Wobei Hersteller sich die Fähigkeiten noch höher bezahlen lassen werden. Das schauen wir uns nachher an.
Wie hoch sind die Energiekosten?
Bei sehr harter körperlicher Arbeit verbraucht ein Mensch 500 bis 800 Kilokalorien pro Stunde. Bei leichter körperlicher Arbeit 100 bis 300 Kilokalorien. Nehmen wir mal den recht hohen Wert von 600 Kilokalorien pro Stunde als Durchschnitt. Pro Kilokalorie setzt man 1,162 Wattstunden an. Also rund 0,7 kWh pro Stunde harter körperlicher Arbeit eines Menschen.
Menschen sind erstaunlich energieeffizient. Deshalb setzen wir für harte Arbeit durch einen humanoiden Roboter mal den dreifachen Wert an. Also rund 2 kWh Energie pro Stunde Arbeit. Das wären 40 kWh pro Tag. Wie gesagt, das ist ein sehr hoher Wert. Die meisten Arbeiten eines humanoider Roboters werden deutlich weniger Energie benötigen. Und jetzt nehmen wir einen eher hohen Industriestrom-Tarif von 0,20 USD pro kWh. Dann kommen wir auf 8 USD Energiekosten pro Tag oder 2.640 USD pro Jahr.
Wie hoch sind die Kosten für Wartung und Reparatur?
Hierfür können wir einfach annehmen, dass Wartung und Reparatur so viel kosten, dass man während der Nutzungsdauer von 8 Jahren die Herstellungskosten des humanoiden Roboters nochmal bezahlen muss. Also 4.125 € pro Jahr.
Wie hoch sind die Kosten für Menschen, die humanoide Roboter betreiben?
Die Roboter werden nicht ganz ohne Menschen arbeiten können. Menschen werden immer wieder eingreifen müssen, allein schon, um die humanoiden Roboter an der richtigen Stelle mit der richtigen Funktion einzusetzen. Das kostet Zeit eines Menschen und damit auch Geld.
Es wird allerdings für jeden einzelnen Roboter nicht viel Zeit sein. Wir setzen eine halbe Stunde pro Tag pro humanoiden Roboter an und bewerten sie mit 100 € pro Stunde, also effektiv 50 € pro halber Stunde und damit mit 18.000 € pro Jahr. Ist es nicht interessant, dass der größte Kostentreiber für den Betrieb des Roboters der Rest an menschlicher Arbeit ist?
Wir haben also insgesamt 30.390 Dollar Betriebskosten pro Jahr und 4,60 Dollar pro Stunde. Anfänglich. Später dann immer weniger.
Humanoide Roboter: Wie viel muss man wirklich an den Hersteller zahlen?
Wir gehen davon aus, dass die Hersteller der humanoiden Roboter sie nicht verkaufen werden. Sie werden das Robot-as-a-Service-Geschäftsmodell anwenden. Sie werden ihre Roboter also vermieten, oder genauer gesagt verpachten. Wer einen humanoiden Roboter einsetzen will, wird – so nehmen wir an – einen Betrag pro Arbeitsstunde bezahlen müssen.
Warum das? Weil solch ein Modell viele Vorteile hat. Der Kunde bezahlt nur die Leistung, die er wirklich erhält. Der Hersteller kann ausschließen, dass Roboter für illegale Zwecke genutzt werden. Vor allem aber kann der Hersteller mit RaaS pro Roboter mehrfach mehr verdienen als wenn er die Roboter einfach verkauft.
Wie wir später noch sehen werden, spart ein einzelner humanoider Roboter pro Stunde und Jahr einen riesigen Betrag. Davon werden die Hersteller der Roboter einen großen Teil haben wollen. Sie werden auf keinen Fall nur eine übliche Gewinnmarge auf die Kosten aufkalkuieren. Sie werden berechnen, was die Kunden zu bezahlen bereit sind.
Wenn du mit einem Produkt 30 € pro Stunde sparen kannst, bist du bereit, nicht nur 5 € pro Stunde zu bezahlen, sondern eher 10 € oder auch mehr.
Wir nehmen an, dass die Hersteller das Dreifache ihrer Herstellungskosten berechnen werden. Dafür setzen wir einen Multiplikator von 200% an. Das gilt inklusive Software-Updates und Upgrades.
Zu 4,60 kommen dann nochmal 9,21 € hinzu, so dass die Arbeitsstunde anfänglich 13,81 € und später 10,86 € kostet.
Wohlgemerkt: Wir haben bisher an jedem Punkt der abschätzenden Kalkulation recht hohe Werte angesetzt und kommen trotzdem auf ziemlich niedrige Kosten.
Wie hoch sind die Kosten für menschliche Arbeit pro Stunde?
Ein Facharbeiter in Deutschland erhält pro Stunde ein Bruttogehalt von unter 20 Dollar. Ich halte das für zu wenig. Wir müssten produktiver werden, um mehr zahlen zu können. Aber das ist ein anderes Thema. Das wären bei Vollzeitarbeit pro Jahr inklusive Zahlungen für Urlaub, Feiertage und Krankheit rund 45.500 Dollar. Bei dreizehn Gehältern pro Jahr sind es rund 50.000 Dollar. In den USA sind die Gehälter deutlich höher. Setzen wir also zur Sicherheit 60.000 €brutto pro Jahr an.
Für die Sozialkosten in Deutschland, also Rentenbeiträge und Versicherungen für Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unfälle, Betriebsarzt etc. setzen wir 20% an, also 12.000 € pro Jahr. Für die USA ist dieser Wert zu hoch, für Deutschland eher zu niedrig. Mitarbeiter müssen, wie gesagt, überhaupt erst gefunden und gewonnen werden. So entstehen für jeden Mitarbeiter Rekrutierungskosten. Der Aufwand für die Anschaffung eines Roboters, der zudem für alle möglichen Aufgaben eingesetzt werden kann, ist deutlich niedriger. Zudem müssen Mitarbeiter betreut, geführt, gemanagt und verwaltet werden.
Mitarbeiter brauchen Sozialräume, Parkplätze und so weiter. Und vor allem müssen Mitarbeiter für jeden Job eingearbeitet und ausgebildet werden. Einem humanoiden Roboter spiel man einfach eine neue Skill oder Fähigkeit ein und fertig.
Setzen wir für all das nur 20% zusätzliche Kosten an, was eher sehr wenig ist. So kommen wir bei einem Bruttogehalt von 60.000 €auf Gesamtkosten von 84.000 EUR.
Nehmen wir jetzt den Mittelwert der jährlichen Arbeitsstunden in Deutschland und den USA, dann kommen wir auf 1.975 Stunden pro Mitarbeiter pro Jahr. Das sind Kosten pro Arbeitsstunde in Höhe von 42,53 EUR.
Was kostet die Arbeit eines humanoiden Roboters pro Stunde?
Pro Arbeitsstunde sind die Kosten für einen humanoiden Roboter also rund 68 bis 74 Prozent niedriger. 28,72 €niedriger und später bis zu 31,67 €niedriger. Multipliziert mit der Zahl der Arbeitsstunden eines humanoiden Roboters kommt man auf die Gesamtersparnis pro Roboter von anfänglich 190.000 und später 209.000 € pro Jahr! Selbst unter sehr vorsichtigen Annahmen.
Humanoide Roboter werden pro Arbeitsstunde rund 25 bis 30% so viel kosten wie ein Mensch. Wenn wir die Arbeitsgeschwindigkeit der HR verdoppeln, kosten sie nur 13 bis 16% eines menschlichen Mitarbeiters pro Stunde. Unternehmen werden gar keine Wahl haben als im Konkurrenzkampf humanoide Roboter einzusetzen.
Und jetzt?
In den ersten drei Beiträgen zu humanoiden Roboters haben wir festgestellt, dass ihre körperlichen Fähigkeiten sehr schnell die eines Menschen erreichen und dann übertreffen werden. Dass die kognitiven Fähigkeiten durch die Integration von KI ebenfalls sehr groß sein werden. Und dass die Fähigkeiten der Humanoiden auch sehr schnell wachsen werden, weil sie auf erstaunlich einfache und schnelle Weise neue Fähigkeiten lernen können. Nämlich durch das Beobachten, das Anschauen von Videos oder sogar Selbstlernen.
Jetzt können wir zusätzlich sagen: Sie werden auch sehr viel billiger sein als menschliche Mitarbeiter.
Das wird die Lebens- und Arbeitswelt massiv verändern.
Humanoide Roboter werden schneller Einzug in unsere Arbeits- und Lebenswelt halten als sich die meisten Menschen heute vorstellen können.
Wir haben 1,5 Milliarden Autos auf der Erde. In nicht allzu ferner Zukunft, in 20 oder 30 Jahren, werden wir ähnlich viele humanoide Roboter für uns arbeiten sehen. Arbeit und Einkommen werden wir ganz neu denken müssen und dürfen. Wir Menschen werden unser Verständnis vom Sein und Sinn des Lebens neu erfinden.
In den drei früheren Folgen habe ich dir empfohlen, humanoide Roboter in Deine strategischen Analysen und Überlegungen einzubeziehen. Du wirst früher als du intuitiv annimmst deinen Job und dein Unternehmen neu erfinden müssen.
Nicht zu vergessen: Humanoide Roboter und alle Leistungen um sie herum werden einer der größten, wenn nicht der größte Wachstumsmarkt der Zukunft sein. Prüfe bitte, wie du mit deinem Unternehmen daran teilnehmen und dazu beitragen kannst.
Du brauchst eine neue Zukunftsstrategie? Wir helfen gerne dabei.
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Hier findest du die weiteren Beiträge zu KI und Robotik:
– Humanoide Roboter: Die Lösung für den Arbeitskräfte-Mangel? (Teil 1)
– Humanoide Roboter: Wie intelligent werden sie sein? (Teil 2)
– Humanoide Roboter: Wie werden sie lernen? (Teil 3)
Ich wünsche dir eine glänzende Zukunft: Have a bright future!
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