Erst das Problem vor dem Problem lösen
Wenn “keine Zeit für Zukunft und Strategie” wirklich dein Problem ist, dann musst du genau dieses Problem zuallererst lösen. Inhaltlich ist es leicht. Es ist eher eine psychologische Herausforderung.
Ohne Freiraum für Zukunft und Strategie wachsen die Risiken und schrumpfen die Chancen
Du kannst noch so viele Ideen haben und Inspirationen erhalten, aber wenn du keine Zeit hast, sie für dein Unternehmen zu nutzen, machen sie dich unzufriedener.
Das Zukunftsbild und die Zukunftsstrategie deines Unternehmens zu entwickeln und im Team wirksam zu machen, ist deine einzige nicht delegierbare Aufgabe. Es ist auch der rentabelste Einsatz deiner Zeit. Aber an der Zeit mangelt es. Und oft auch an der Energie.
Im Folgenden empfehle ich dir die wirkungsvollsten und auch einfachsten Maßnahmen, mit denen du dir mehr Freiraum für Zukunft und Strategie schaffen kannst.
Du kannst entweder den Text lesen oder die sechs kurzen Videos ansehen.
Das langfristig Wichtigste zuerst
Du kennst vielleicht die folgende Geschichte. Unter anderem erzählt Stephen Covey sie in seinem Buch “First things First”, aber der eigentliche Urheber ist unbekannt.
Dein Tag, deine Woche und überhaupt deine Zeit und Energie ist wie eine Schüssel. Deine Aktivitäten sind wie Steine, Kieselsteine, und Sand, mit denen du die Schüssel füllst. Die großen Steine sind die wichtigen Aktivitäten. Mit Sand und Kies füllt sich die Schüssel ganz von alleine. Schon allein der ewige Fluss an E-Mails sorgt dafür. Und ruckzuck ist die Schüssel voll und du kannst keine großen Steine mehr reinlegen.
Die großen Steine aber ermöglichen dir den größten Erfolg und letztlich auch den geringsten Stress. Du musst die großen Steine zuerst in die Schüssel legen. Du musst den Platz dafür zuerst beanspruchen, reservieren und verteidigen. Dann wirst du erfolgreich sein.
Wenn du das nicht tust, füllt sich dein Tag und dein Leben mit dem Kleinen und Unwichtigen. Ein unproduktiver Tag besteht zu 90% oder mehr aus langfristig unwichtigen Aktivitäten. Ein produktiver Tag besteht mindestens zu 50% aus den wichtigsten Aktivitäten, die später für dein Leben und Unternehmen bedeutend sein werden.
Zeit für Zukunft blockieren
Je nach Untersuchung geben bis zu 96% der Führungskräfte mangelnde Zeit als wichtigsten Engpass für bessere Zukunftsstrategien an. Dabei gibt es einfache Lösungen.
Wenn es stimmt, dass Zukunftsstrategie und Führung die einzigen nicht delegierbaren Aufgaben sind, dann dürftest du als Unternehmer und Führungskraft nichts anderes mehr auf der Agenda haben.
Theoretisch. Wenigstens zu 80%. Richtig? Ich weiß es aus eigener Erfahrung: Das ist ein unerreichbarer Traum. Jedenfalls dann nicht, wenn du überhaupt in deinem Unternehmen arbeitest. Das ginge praktisch nur als reiner Investor.
Was ich hier gerade mache, ist auch eher operative Arbeit. Wir können 50% schaffen. Wenigstens 20%. Das müssen wir möglich machen. 20%, einen Tag in der Fünf-Tage-Woche oder eben etwas mehr als einen Tag in einer Sechs-Tage-Woche. Wenn du schon so weit bist, dann herzlichen Glückwunsch.
Wenn nicht, traue ich mich zu sagen, dass es zuallererst deine wichtigste und rentabelste Aufgabe ist, dir diese 20% deiner Arbeitszeit für das Wichtigste zu blockieren. Es ist absolut keine neue Idee. Schon Benjamin Franklin soll Time Blocking praktiziert haben. Elon Musk tut es auch, um Zeit für seine vielen Unternehmen zu haben, vor allem Tesla und SpaceX.
Ein Hinweis noch. Unter Time Blocking verstehen die meisten, dass man seinen Tag so einteilt, dass alle zu erledigenden Aufgaben einen Zeitraum haben. Das stimmt zwar grundsätzlich, aber darum geht es mir hier nicht. Hier geht es ausschließlich um Zeit für Zukunft und Strategie.
Welchen Nutzen hat das Time Blocking für Zukunft und Strategie?
1. Zeit für Zukunft und Strategie wird deine Produktivität drastisch erhöhen.
a. Weil du nicht oder deutlich weniger gestört und abgelenkt wirst. Und deshalb in der Tiefe am Wichtigsten arbeiten kannst.
b. Weil Aufgaben immer die zur Verfügung stehende Zeit füllen. Eines der Parkinson’schen Gesetze. Du wirst in der budgetierten Zeit mehr erreichen, als wenn du Zukunft und Strategie immer mal wieder angehst und es keinen Endtermin an einem Tag gibt.
2. Zeit für Zukunft verhindert, dass du die Arbeit an der Zukunft deines Unternehmens immer wieder aufschiebst, weil es naturgemäß eine komplexe und entsprechend oft auch anstrengende Arbeit ist. Solche Aufgaben verschiebt man gerne. Selbst die intelligentesten Menschen machen das. Oft sogar gerade sie, weil sie sich die Komplexität der Aufgabe viel besser vorstellen können als weniger intelligente Menschen. Daher prokrastinieren besonders intelligente Menschen sogar mehr als andere.
Wie blockierst du dir diese Zeit ganz praktisch? Als die Papierkalender noch üblich waren, wäre es eine gute Praktik gewesen, aus jeder Woche einfach eine Seite für einen Tag herauszureißen. Dann könnte an diesen Tagen beim besten Willen kein Termin eingetragen werden.
Mit einem elektronischen Kalender ist das Äquivalent, dass du dir für einmal in der Woche einen ganzen Tag von morgens früh um sieben bis abends um 20 Uhr einen fixen Termin einträgst. Mache am besten gleich einen Serientermin daraus.
Welchen Tag du wählst, ist weitgehend gleichgültig. Wenn du dich nicht auf fünf Arbeitstage beschränkst, ist der Samstag durchaus empfehlenswert, schlicht weil weniger Tagesgeschäft anfällt. Für jeden Tag gibt es Pro- und Contra-Argumente. Montag und Freitag verlängern deinen Abstand vom Tagesgeschäft, aber es könnte dir ein schlechtes Gewissen bereiten, wenn die Mitarbeiter beobachten, dass du später aus dem Wochenende kommst und früher reingehst. Der Mittwoch wäre gut, weil er deine Arbeitswoche für Operatives in zwei Hälften teil. Wie gesagt, es ist praktisch egal, welchen Tag du wählst. Zwei halbe Tage sind auch möglich, aber deutlich wirkungsvoller ist es, wenn du ohne Unterbrechung einen ganzen Arbeitstag hast, einen ganzen Zukunftstag.
Wie gesagt, es ist keine neue Idee, aber es ist die Voraussetzung dafür, dass du an der Zukunft deines Unternehmens arbeiten und es zukunftssicherer machen kannst. Blockiere dir mindestens 20% deiner Zeit für die Arbeit an der Zukunft deines Unternehmens.
Zeit für Zukunft im Team durchsetzen
Es ist leicht, sich Zeit für Zukunft zu blockieren. Termin setzen, Regeltermin einstellen, speichern, fertig. Aber diese Zeit auch einzuhalten, sie durchzusetzen, dass ist die wirkliche Herausforderung.
Immer wieder landen Termine und Aufgabe für das Tagesgeschäft in deinem Kalender. Die Prioritäten deiner Mitarbeiter und Kunden bestimmen deine Tage. Es bleiben kaum zusammenhängende Stunden, in denen du in Ruhe an deiner Zukunftsstrategie arbeiten kannst. Wie sollst du unter diesen Umständen Zeit für Zukunft und Strategie haben?
Du hast dabei zwei “Gegner”. deine Mitarbeiter. Und dich selbst.
Weise deine Mitarbeiter unmissverständlich an, dass dieser blockierte Termin heilig und unantastbar ist. Du wirst immer wieder Fragen bekommen, ob der Termin wirklich fix ist, ob nicht vielleicht doch ein Kundengespräch eingetragen werden kann, weil doch sonst nichts frei ist.
Deshalb: Deine Anweisung muss auch beinhalten, dass du noch nicht mal gefragt werden willst, ob nicht doch ein Termin in deiner Zukunftszeit möglich ist. Damit du nicht in die Versuchung kommst, schwach zu werden. Damit du kein schlechtes Gewissen bekommst. Du solltest erst gar nicht erfahren, dass es Terminanfragen für deine Zukunftszeit gibt. Keine Angst, deine Mitarbeiter werden sich daran gewöhnen.
Einen Accountability-Partner einsetzen
Wie kannst du dich selbst zuverlässig dazu bringen, deine Zukunftszeit einzuhalten und zu nutzen?
Nutze einen “Accountability-Partner”, einen Rechenschaftspflicht-Partner. Das ist ein Mensch, der dir hilft, ein von dir selbst gesetztes Ziel zu erreichen.
Ein Accountability-Partner kann bei vielen Vorhaben nützlich sein. Abnehmen, ein Projekt umsetzen, sich etwas abgewöhnen, oder wie hier, deine Zukunftszeit einzuhalten.
Dein Accountability-Partner kann ein Mitarbeiter sein, eine Freundin, dein Lebenspartner oder auch ein dafür engagierter Coach. Es muss auf jeden Fall jemand sein, den du nicht enttäuschen willst und dessen Meinung über dich dir wichtig ist.
Es muss auch ein Mensch sein, der seine Rolle ernst nimmt und auch seinen Unmut äußern kann und darf, der Druck ausüben darf, wenn du nicht das tust und erreichst, was du dir selbst vorgenommen und ihm versprochen hast. Accountability-Partnerschaften sind nachweislich wirksam. Es wurde in mehreren Studien bewiesen.
Er oder sie kann dich in unterschiedlich harten Stufen unterstützen:
- Indem dich dein Partner nur regelmäßig daran erinnert, was natürlich schon wirksamer ist als wenn eine Software Dich erinnert
- Indem ihr vereinbart, dass du dem Partner regelmäßig einen Bericht über den Stand der Dinge gibst
- Indem er dich zusätzlich kontrolliert und eine Strichliste führt, wie oft es dir gelungen ist und wie oft nicht
- Indem du eine Wette mit dem Accountability-Partner eingehst und etwas bezahlen musst, wenn du deine Zukunftszeit nicht einhältst
- Indem er oder sie dir den Rücken freihält, also deine Zeit gegen andere verteidigt.
Accountability-Partner können sich gegenseitig unterstützen. Unter deinen Mitarbeitern sollte das gut funktionieren. Ich rate dir aber davon ab, sich in diesem Fall gegenseitig zu unterstützen. Dein Accountability-Partner darf nicht selbst Gefahr laufen zu scheitern, sonst wird seine Autorität geschwächt und es funktioniert nicht.
Einen Ort für Zukunft schaffen
Wenn du in deinem Office bist, ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass du deine Zukunftszeit nicht durchsetzen kannst.
Überlege und entscheide bitte, ob du für deine Zukunftsarbeit dein Büro brauchst. Ich selbst habe im Office die optimale technische Ausstattung. Im Home-Office oder unterwegs kann ich weniger gut arbeiten. Jedenfalls gilt das für Operatives. Aber für freies Zukunftsdenken brauche ich nicht mehr als mein Notebook.
Nein, das notorische weiße Blatt Papier ist nicht mein Fall. Ich finde Papier maximal ineffizient, schon immer. Es ist sogar empirisch nachgewiesen. Aber das kann jeder handhaben, wie er möchte.
Bestimme einen Ort, gerne auch mehrere, an denen du dich sehr wohlfühlst und der es dir leicht macht, in Ruhe groß und sorgfältig zu denken. Es ist eine Form der Selbstisolation.
Als Orte kommen in Frage beispielsweise dein Home-Office, wenn du dort Ruhe hast, ein Hotel, ein Office-Mobil, ein Boot, ein Schrebergarten, eine Ferienwohnung oder ein zweites kleines Büro, nur für dich.
Dein Ort für Zukunft kann dir nicht nur zur Ruhe und Selbstisolation dienen, sondern kann auch besondere Inspirationen bieten. So etwa in einem Co-Working-Space mit vielen kleinen kreativen Unternehmen und jungen Menschen. Oder ein buntes Stadtviertel oder eine Künstlerkolonie.